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…. Wenn Eltern ihre Kinder schlagen

Seit 15 Jahren haben Kinder „ein Recht auf gewaltfreie Erziehung, körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen sind unzulässig“. So steht es seit dem 8. November 2000 im Gesetz. Was hat sich seitdem verändert?  Ein heikles Thema. Nur wenige Eltern und Jugendliche sind bereit, darüber zu sprechen.

Katrin hat zwei Kinder, sie sind drei und ein Jahr alt. Sie sind lebhaft und anstrengend. Wenn der Große gar nicht hört, gibt es auch mal einen Klaps. „Er rennt immer weg. Das geht einfach nicht. Wenn ich ihm versuche zu erklären, warum er jetzt nicht weglaufen darf und er das trotzdem immer wieder tut, dann kriegt er eben einen auf den Hintern.“ Das ist für Katrin keine Gewalt, sondern eine erzieherische Maßnahme. So wie Katrin denken viele.

Wir fragen nach: In einer Gesamtschule, einem Kinderschutzzentrum, einer Kinderklinik,  bei einer Hebamme – überall wird uns von leichter aber auch von  schwerer Gewalt berichtet. Laut einer Studie des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen werden immer noch etwa 12,7%, hochgerechnet also etwa 1,6 Millionen Kinder von Erwachsenen mit Gegenständen oder mit der Faust geschlagen, verprügelt oder sogar zusammengeschlagen (KFN 2013).

Schläge haben Auswirkungen, die oft ein ganzes Leben prägen. Jo-Ann ist von ihrer Pflegemutter geschlagen worden, bevor ihr in einer Wohngruppe der AWO geholfen werden konnte. Sie hat ihre Wut immer in sich hineingefressen und einen fatalen Ausweg gesucht: „Ich habe mich geschnitten, ich habe mich selbst geschlagen, ich habe mir körperliche Gewalt zugefügt. Und ich habe auch mein Zimmer andauernd zerlegt, Sachen durch die Gegend geworfen. Irgendetwas Persönliches kaputt gemacht, einfach, weil ich das nicht mehr aushalten konnte.“

Auch Lucas ist aggressiv geworden. Hat Möbel demoliert, seine Schwester getreten, seine Mutter zur Weißglut gebracht. Bis sie nach der  Trennung von ihrem Mann erfuhr, dass Lukas Vater die Kinder geschlagen hat. Hinter ihrem Rücken, regelmäßig und brutal. Die Mutter suchte Hilfe für ihn und hat sie bekommen. Ihr Wunsch: „In den Köpfen der Menschen müsste sich etwas ändern. Ich meine, ich habe das hier im Freundeskreis ganz, ganz oft, dass es heißt, eine Ohrfeige schadet doch keinem. Wo ich mir denke, oh doch, glaubt mir, das schadet.“

Buch und Regie: Erika Fehse
Kamera: Jürgen Behrens, Julia Bichel, Stephan Neuhalfen
Ton: Julia Bichel, Norman Born, Henning Schiller, Felix Preuß
Schnitt: Ewa Jankowska
Musik: Jens Hafemann
Sprecherin: Elisabeth Hartmann
Redaktion: Britta Windhoff

Dank an:
Katrin, Tobias, Sandra, Lucas, Jo-Ann, Kira, Lara-Jane
Marie Luise Raschtuttis, Gesamtschule Berger Feld
Steffi Bernard,  Kinderschutzzentrum Dortmund
Gordana Landthaler, Hebamme
Professor Holger Ziegler, Bielefeld
Dr. Elke Reutershahn, HELIOS St. Johannes Klinik Duisburg
Dr. Peter Seiffert, HELIOS St. Johannes Klinik Duisburg
Barbara und Ulrich Gehrmann, Jugendwohngruppe Dortmund-Eving

sowie
Georg Altenkamp, Gelsenkirchen
Andrea Asch, Kinder- und Familienpolitische Sprecherin der Grünen im Landtag NRW
Dr. Dirk Baier, Kriminologisches Forschungsinstitut Niedersachsen e.V., Hannover
Prof. Kai-D. Bussmann, Uni Halle-Wittenberg
Dr. Metin Degirmenci, HELIOS St. Johannes Klinik Duisburg
Gudrun Heitkemper, Martin-Buber-Schule, Dortmund
Patrick Hoffmann, Gesamtschule Berger Feld Gelsenkirchen
Martina Huxoll-von Ahn, Deutscher Kinderschutzbund, Wuppertal
Dr. Heinz Kindler, Deutsches Jugendinstitut e.V., München
Werner Königs, Schulsozialarbeit Köln
Dr. Ralf Kownatzki, Duisburg
Anja Meyer, Deutscher Kinderschutzbund, Wuppertal
Martina Niemann, Kinderschutz-Zentrum Dortmund
Tanja Zech, t-online.de, Ressort Eltern, Darmstadt

Erstausstrahlung
05.11.2015  WDR

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