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In der Sendereihe: Mein Vater, der Feind

1940 – es herrschte Krieg. Die Deutschen besetzten Norwegen. Viele der deutschen Soldaten wurden bei einheimischen Familien untergebracht.  Als die Soldaten 1945 abzogen, hinterließen sie etwa 8-12.000 Kinder. Die galten als lebender Beweis des Landsverrates und hatten schwer zu kämpfen – vor allem mit dem (Ver)Schweigen. Sie selber nennen sich „Kriegskinder“.

Wie zum Beispiel Greta. Sie wuchs bei ihrer Großmutter auf. Das Haus war klein, die Familie arm. Greta war fünf Jahre alt, als ihre Großmutter ihr erzählte, ihr deutscher Vater sei tot – umgekommen am Ende des Krieges. In der Schule hatte Greta es schwer – vom Lehrer und den Mitschülern wurde sie gemobbt, als „Deutschenkind“. Vor einigen Jahren schloss Greta sich dem Kriegskinderverband an. Sie wollte nach möglichen Verwandten in Deutschland suchen. Zwei Jahre später das Unglaubliche. Sie saß auf dem Schoß ihres Vaters – den sie so vermisst hatte und von dem sie geglaubt hatte, er sei tot.

Auch Turid wollte mehr wissen über sich und ihre Eltern. Sie wuchs bei einer Adoptivfamilie in Schweden auf. Man hatte ihr gesagt, ihre leibliche Mutter sei in einem deutschen Konzentrationslager umgekommen. Erst mit 52 Jahren erfuhr sie, dass ihre Mutter all die Jahre in Norwegen lebte, dass ihr Vater ein deutscher Besatzungssoldat war und sie als Baby einige Zeit in einem Lebensbornheim in der Nähe von Bremen verbrachte. Ein Schock.

Margrethe erfuhr die Wahrheit über ihre Herkunft im Alter von 12 Jahren. Auch sie war schockiert. Alles war anders als sie glaubte. Die Frau zu der sie Tante sagte, war in Wirklichkeit ihre leibliche Mutter und die, die sie Mama nannte ihre Großmutter. Zudem erzählte man ihr, dass sie in Wuppertal zur Welt gekommen ist, einen deutschen Vater hat und eine Halbschwester in Nürnberg.

Auch in Nürnberg war das Thema Tabu. Zwar hörte die Halbschwester Marie Luise, dass ihr Vater in Norwegen ein Kind gezeugt hatte. Doch weiter wurde darüber nicht gesprochen. Über 60 Jahre nach Kriegsende beschließt Marie Luise ihre Halbschwester in Norwegen zu suchen. Und sie hat Glück. Wir begleiten die  beiden Halbschwestern während ihres ersten Treffens. Zum Schluss wird Margrethe sagen: „Mein Leben ist vollkommen – nach dem, was passiert ist.“

Buch und Regie: Erika Fehse
Kamera: Jürgen Dahlhoff
Ton: Florian Pankarz
Schnitt: Angela Oechler
Dolmetscherin: Marlis Ehl
Redaktion: Gudrun Wolter

Literaturtipps:
Drolshagen, Ebba D., „Wehrmachtskinder – Auf der Suche nach dem nie gekannten Vater“ ISBN 3-426-27357-8; Droemer, 2005

Olsen, Kåre, „Vater: Deutscher – Das Schicksal der norwegischen Lebensbornkinder und ihrer Mütter von 1940 bis heute“, ISBN 3-593-37002-6, Campus, 2002

Erstsendung:
30.10.06 /  WDR

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